Gender Mainstreaming

Hier die psychologische Perspektive, die aber nur ein Teil der Wahrheit ist.

Meine persönlichen Interessengebiete waren von Anfang an nicht typisch weiblich. Das halte ich für eine natürliche Veranlagung, die nicht bedeutet, dass ich nicht mädchenhaft war oder kein weibliche Psyche hatte. Ich liebte nur das Heroische, das Wagnis, das Abenteuer mehr als das häuslich-Fürsorgliche, das ich als Grab für Lebendige empfand.
Fatal jedoch ist, dass alle maßgeblichen pädagogischen Einflüsse in meiner Kindheit und Jugend feministisch geprägt waren. Ich wuchs im Glauben auf, dass die Identität als Mann und Frau nur anerzogenen Rollenmuster waren, dass die klassische Rollenverteilung (Mann Geldverdiener, Frau Kindererziehung) ein Mittel zur Unterdrückung der Frau sei, die so an ihrer Selbstentfaltung und überhaupt an ihren Grundrechten gehindert würde. Ich besuchte ein reines Mädchengymnasium, deren Lehrer das links-feministische Weltbild erzieherisch förderten.
Im Grunde wuchs ich im Bewusstsein auf, zwei Rollen erfüllen zu müssen: die als Mann und die als Frau, je nachdem was im Leben gerade gefordert war. Dabei war mir immer klar, dass die Rolle als Frau mich in die Defensive, in die soziale Benachteiligung befördern würde, quasi in die Rolle einer unbezahlten Putzfrau. Also war ich auf der Hut!

Meine sadomasochistischen Neigungen entdeckte ich, als ich mit ca. 28 Jahren einen Mann traf, der solche Neigungen hatte und mir diese signalisierte. Es traf mich zuinnerst. Eine Welt tat sich mir auf und ich erkannte in ihr die Antwort auf meine Sehnsucht. Eine merkwürdige Sehnsucht ohne Namen, die ich schon immer gehabt hatte, für die ich mir eine eigene, abenteuerliche, herbe, kalt-warme Phantasiewelt eingerichtet hatte, in die ich mich als Jugendliche innerlich oft stundenlang flüchtete.

Heute denke ich, dass die sadomasochistische Welt, die sich mir auftat, nicht die wirkliche Antwort auf meine Sehnsucht war, sondern eine Verzerrung der wahren Antwort, eine lügenhafte Entstellung. Ich glaube, die wirkliche Antwort auf meine Sehnsucht war einfach, dass ich wirklich eine Frau war, dass mein Bild der klassischen Frauenrolle aber ein völlig falsches war, so dass ich es aus tiefstem Herzen ablehnen musste und damit manches Weibliche, das in mir durchaus vorhanden war, vollständig unterdrücken musste: vor allem die Sehnsucht nach Hingabe, Unterordnung. Hinzu kommt, dass ich aus einer verwöhnten Arroganz und Obeflächlichkeit heraus die Männer, welchen ich bisher in meinem Leben begegnet war, nicht als Persönlichkeiten wahrnahm, welchen ich mich hätte hingeben und unterordnen wollen.

Man könnte also sagen, meine sadomasochistischen Neigungen waren der Versuch der Psyche, einerseits ein stolzes, feministisches Selbstbild aufrecht zu erhalten und andererseits die darin unterdrückten weiblichen Impulse der liebevollen, aufopfernden Hingabe und die natürliche Sehnsucht nach Unterordnung unter einen starken Mann auszuleben, ohne das feministische Selbstbild zu zerstören. Der Sadomasochismus hatte also die Funktion eines Brückenbauers zwischen einer ganz tief in der Psyche angesiedelten falschen, fehlgeleiteten Bewertung und Charakterisierung der eigenen Geschlechterrolle und manchen dadurch unterdrückten, natürlichen Wesenszügen des eigenen Geschlechts.

Das gilt bei Männern mit sadomasochistischen Neigungen sicherlich analog.

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